Wenn es nach US-Präsident Donald Trump geht, ist die Anforderung an einen Richter des Obersten Gerichtshofs der USA schnell zusammengefasst: Es zähle nur, dass dieser sich an die Vorgaben der Verfassung zu halten gewillt sei. Die "politischen Ansichten" eines Richters seien irrelevant, sagte Trump.
Tatsächlich spielen die politischen Ausrichtungen der Supreme-Court-Richter durchaus eine wichtige Rolle. Jeweils vier der neun Mitglieder des Richterkollegiums gehören klar einem konservativen und linksliberalen Lager an. Mit der Nominierung von Brett Kavanaugh soll nun ein weiterer konservativer Richter nachrücken.
Das Oberste Gericht spricht bei vielen politischen und gesellschaftlichen Schlüsselfragen von der Abtreibung über die Homosexuellenrechte bis zur Todesstrafe das letzte Wort. Kavanaugh, Absolvent der Eliteschmiede Yale und praktizierender Katholik, sprach sich kürzlich erst gegen eine Gerichtsentscheidung aus, mit der einer minderjährigen Immigrantin eine Abtreibung genehmigt worden war.
Vor einigen Jahren bezog der Jurist zudem Stellung gegen die von Trumps Vorgänger Barack Obama eingeführte allgemeine Krankenversicherung. Gleichzeitig handelte er sich auch Kritik der Republikaner ein, als er 2011 die Ansicht vertrat, Obamacare verstoße vermutlich nicht gegen die Verfassung, zumindest sei ein solcher Schluss noch verfrüht.
Kavanaugh ist bislang an einem Bundesberufungsgericht in Washington tätig. Trumps Personalentscheidung war keine Überraschung. Kavanaugh war in den vergangenen Tagen von den US-Medien als einer der Top-Favoriten für die Nachfolge des obersten Richters Anthony Kennedy gehandelt worden, der sich Ende Juli in die Rente verabschiedet.
Streitthema Abtreibungen
Kavanaugh gilt als Verfechter einer wörtlichen Auslegung der US-Verfassung. "Ein Richter muss die Verfassung so interpretieren, wie sie geschrieben ist", sagte er nach seiner Nominierung. Dies dürfte etwa die Gegner des Schusswaffengebrauchs in den USA wenig freuen. Die Waffen-Lobby stützt sich auf eine wörtliche Auslegung des verfassungsmäßigen Rechts auf Selbstverteidigung.
Einen Namen in der Juristenszene machte sich Kavanaugh, als er den Sonderermittler Ken Starr in der Affäre um Ex-Präsident Bill Clinton unterstützte. Als Mitglied im Team von Starr hatte Kavanaugh sehr deutlich gemacht, dass er Clintons Umgang mit der Justiz als unangemessen betrachtet und ihm in der Sex-Affäre um Paula Jones und Monica Lewinsky Meineid vorgeworfen.
Inzwischen wird ihm nachgesagt, er wolle den ebenfalls einem Sonderermittler gegenüber stehenden Präsidenten Trump vor juristischen Schritten schützen. 2009 schrieb er einen Artikel, indem er argumentierte, US-Präsidenten sollten nicht mit zivilen Verfahren und Ermittlungen behelligt werden, während sie im Amt sind.
Bei der Frage, ob Trump mit seiner Ein-Stimmen-Mehrheit im Senat seine Entscheidung für Kavanaugh durchbekommen könnte, stehen die beiden moderaten Republikanerinnen Susan Collins und Lisa Murkowski sehr im Fokus. Das hat mit ihrer Haltung beim Streitthema Abtreibungen zu tun. Beide sind anders als viele ihrer Parteikollegen dafür, dass Frauen selbst über einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden dürfen.
Ein Grundsatzurteil aus dem Jahr 1973, das unter dem Kürzel "Roe v. Wade" bekannt ist, legalisierte Schwangerschaftsabbrüche in den USA. Collins sagte am Wochenende, dass sie jeden Kandidaten ablehnen würde, der die Grundsatzentscheidung aufheben würde.
spiegel
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